Die Surfwelle Wolfratshausen soll im Sommer eröffnen: Ein Interview mit Steffi und Marcus Kastner über das Weihnachtswunder, anstehende Hürden und andere Surfwellen
Wolfratshausen – Nach neun Jahren voller Höhen und Tiefen scheint es Gewissheit: Die Wolfratshauser Surfwelle wird kommen. Für dieses Projekt kämpft das Waldramer Ehepaar Marcus und Steffi Kastner mit viel Herzblut und Engagement. Im Gespräch mit unserem Volontär Dominik Stallein sprechen die beiden über das Weihnachtswunder 2019, ihre Vorfreude auf die neue Attraktion und verraten, wie der Betrieb auf der Loisach laufen soll.
Frau Kastner, Herr Kastner, der Surfing-Verein hat in den vergangenen Jahren viele Hürden übersprungen. War die Finanzierungsentscheidung des Stadtrats im Dezember die höchste?
Steffi Kastner: Es war auf jeden Fall nochmals eine sehr hohe Hürde. Aber ich glaube, die größte haben wir vor zwei Jahren gemeistert.
Das Projekt stand damals ganz kurz vor dem Aus, weil der Stadtrat eine Finanzierungslücke von 64 000 Euro nicht stopfen wollte...
Steffi Kastner: ...richtig. Und wir haben auch eine Zeit lang gedacht, dass das tatsächlich das Ende der Welle bedeutet. Aber dann hat Tilo Scheck eine großartige Spendenaktion initiiert, und innerhalb von zehn Tagen hatten wir das Geld zusammen. So ein Engagement von so vielen Unterstützern in so kurzer Zeit: Das war für mich das Überwinden der größten Hürde.
Marcus Kastner: Damit hätten wir auch nie gerechnet.
Steffi Kastner: Es war ein Gänsehaut-Moment, als klar war, dass viele Menschen zusammen dieses Hindernis überwinden.
Marcus Kastner: Und es hat uns eindrucksvoll gezeigt, wie viele Menschen hinter diesem Projekt stehen und uns dabei helfen wollen, es umzusetzen.
Das ist zwei Jahre her – in der Zwischenzeit gab es eine Preissteigerung.
Marcus Kastner: Da spielt Corona eine große Rolle. Das hat das Projekt nochmals verzögert, und man sieht ja im Moment fast überall, dass alles teurer wird.
Diesmal ist aber keine Spendensammlung mehr nötig.
Steffi Kastner: Das war ein großer Erfolg: Der Stadtrat hat mehrheitlich entschieden, die Welle trotz der Preissteigerung umzusetzen. Nach neun Jahren ist das natürlich eine riesige Erleichterung für uns. Aber außer der Entscheidung 2019 war es eigentlich immer so, dass die Mehrheit im Stadtrat für unser Projekt gewesen ist.
Wenn Sie gewusst hätten, wie viel Engagement nötig sein würde: Hätten Sie überhaupt damit begonnen?
Marcus Kastner: Ich weiß es nicht. Wir hätten auf jeden Fall nicht damit gerechnet, dass diese Idee so ein jahrelanges Engagement erfordert und das Ergebnis eine so hochwertige, moderne Sportanlage wird. Jetzt schauen wir aber nach vorne und freuen uns, dass sich die ganze Arbeit von vielen Menschen gelohnt hat. Die Welle wird wirklich kommen.
Wie fühlt sich das für Sie an nach Jahren voller Höhen und Tiefen?
Steffi Kastner: Wir sind vor allem dankbar für die Unterstützung von unglaublich vielen Menschen, die uns seit vielen Jahren begleiten und geholfen haben, dass dieser Erfolg jetzt möglich war. Es wird jetzt endlich greifbar. Wir warten mit ihnen allen mit riesiger Vorfreude auf die Welle.
Vor einigen Wochen haben Sie den Verein geöffnet – jeder kann jetzt Mitglied werden. Das wollten Sie in den Vorjahren noch nicht. Wieso das Umdenken?
Marcus Kastner: Wir wollten niemanden enttäuschen. Hätten sich schon in den vergangenen Jahren Menschen im Verein angemeldet, und die Welle wäre dann doch nicht gekommen, wäre das eine unglückliche Situation. Deshalb haben wir gewartet.
Aber zum Zeitpunkt der Öffnung war doch noch gar nicht klar, ob der Stadtrat sich dafür entscheidet, den Zuschuss zu erhöhen.
Steffi Kastner: Zum einen waren wir optimistisch. Zum anderen war der Zeitpunkt, den Verein zu öffnen, auch bewusst gewählt: Wir wollten der Politik zeigen, wie viele Menschen hinter der Welle stehen und mitmachen wollen.
Wie viele sind es denn bislang?
Steffi Kastner: Über 70 neue Mitglieder sind dazugekommen.
Marcus Kastner: Und es werden fast jeden Tag mehr. Wir kriegen ständig neue Anträge und Anmeldungen. Viele schreiben dazu eine Nachricht, wie sehr sie sich auf die neue Attraktion freuen. Darunter sind viele ganze Familien, aber natürlich auch Einzelsportler, die Lust haben, in Wolfratshausen zu surfen.
Marcus Kastner: Das ist ganz bunt gemischt.
Steffi Kastner: Viele Menschen kommen aus Wolfratshausen und der Region, aber auch ein paar aus der Münchner Gegend.
Marcus Kastner: Nein. Wir haben damit gerechnet, dass die Welle auch überregional Fans haben wird. Am Eisbach oder der Floßlände in München wurde ich auch immer wieder von anderen Surfern angesprochen, wie es mit unserem Projekt aussieht, und wann sie nach Wolfratshausen kommen können, um dort zu surfen.
Wie lange surfen Sie schon auf Flusswellen?
Marcus Kastner: So etwa seit 20 Jahren.
Wie hat sich diese Sportart entwickelt?
Marcus Kastner: Es ist heute nicht mehr die Freak-Sportart, die es vielleicht mal gewesen ist. Das merkt man am Eisbach oder an der Floßlände in Thalkirchen daran, dass immer mehr Surfer kommen – übrigens auch aus Wolfratshausen. Wo man vor ein paar Jahren noch fast ohne Anstehen aufs Brett steigen konnte, muss man inzwischen lange warten, bis man an der Reihe ist. Das Interesse hat stark zugenommen.
Deshalb entstehen an verschiedenen Orten in Bayern ähnliche Angebote. Wie würden Sie die Wolfratshauser Welle im Vergleich einordnen?
Steffi Kastner: Hier wird eine hochmoderne, attraktive Sportanlage entstehen. Die Wolfratshauser Welle muss sich vor den anderen Wellen wirklich nicht verstecken.
Der Bürgermeister hat schon einen Wunschtermin für die Eröffnung genannt: Ab August 2022 soll in Wolfratshausen gesurft werden. Was steht für Sie in der Zwischenzeit an?
Steffi Kastner: Wir bereiten den Betrieb vor. Das ist noch einmal viel Arbeit für unser Team, auf die wir uns sehr freuen. Mit der Baumaßnahme selbst haben wir nichts zu tun.
Marcus Kastner: Das war aber von Anfang an klar: Die Stadt kümmert sich um den Bau, wir kümmern uns um den Betrieb.
Wie dürfen wir uns das vorstellen?
Marcus Kastner: Wir müssen uns darum kümmern, dass immer ein Rettungsschwimmer vor Ort ist. Und wir werden ein Buchungssystem einsetzen, sodass maximal zwölf Personen einen Zeitraum von 90 Minuten gemeinsam nutzen können. Dann kommen die nächsten Surfer dran.
Wieso haben Sie sich für dieses Modell entschieden? Am Eisbach zum Beispiel gilt ja auch das Prinzip, wer zuerst kommt, surft zuerst?
Marcus Kastner: Wir sehen mehrere Vorteile darin, diese Slots zu verteilen. Wir haben dadurch keine langen Warteschlangen in den Stoßzeiten, sondern es ist alles geregelt.
Steffi Kastner: Das System hat noch weitere Vorteile: Das Verkehrsaufkommen bleibt gering, und auch die Parkplatzsituation wird entspannt.
Marcus Kastner: Es wird auch nicht jeder Sportler mit dem Auto kommen. Durch die festgelegten Zeiten können wir das gut auffangen. Und aus meiner Erfahrung auf dem Surfbrett kann ich sicher sagen: Wenn man sich zu zwölft 90 Minuten teilt, ist man danach ordentlich erledigt.
Wer darf die Wolfratshauser Welle eröffnen?
Marcus Kastner: Ich bin ganz eindeutig dafür, dass Steffi als erstes aufs Brett darf. Es haben sich zwar viele Menschen engagiert, aber ich glaube, niemand hat so viel Herzblut in das Projekt gesteckt, wie sie.
Steffi Kastner: (lacht) Darüber reden wir dann bitte noch einmal.